In Deutschland fordern Bündnis 90/Die Grünen und die FDP in ihren im Juni 2020 in erster Beratung im Parlament diskutierten Gesetzentwürfen, das bestehende Transsexuellengesetz (TSG) aufzuheben und durch ein „Gesetz zur Selbstbestimmung über die Geschlechtsidentität“ zu ersetzen.
Kern der Gesetzentwürfe beider Parteien ist die "Selbsterklärung" von Geschlecht aufgrund der "empfundenen Geschlechtszugehörigkeit" ("Genderidentität"). Das bedeutet, dass es möglich sein soll, allein durch den Akt einer Selbsterklärung beim Standesamt eine Änderung des Personenstandes herbeizuführen, beruhend auf dem Glauben an eine dem Menschen innewohnende essenzartige „Genderidentität“/“Geschlechtsidentität“. Damit würde die Kategorie „Geschlecht“, die auf den biologischen Merkmalen des Menschen basiert, für das deutsche Rechtssystem abgeschafft.
Die Gesetzentwürfe beinhalten jedoch noch weitere Bausteine. Es soll ein Offenbarungsverbot der tatsächlichen Geschlechtszugehörigkeit mit Strafen von bis zu 2500 Euro geben. Kinder und Jugendliche sollen ab 14 Jahren gegen den Willen der Eltern medikamentöse und chirurgische Maßnahmen zur optischen Veränderung in Anspruch nehmen dürfen. Und es soll im Rahmen eines "Beratungsangebots" der Glaube an Genderidentitäten weiter forciert werden.
Nach unserer Auffassung steht bereits das bestehende Gesetz, welches seit 1980 eine Personenstandsänderung auf Grund von "Geschlechtsidentität" unter gewissen Auflagen ermöglicht, im Widerspruch zu Frauenrechten und der Unversehrtheit von Frauen und Kindern. Die darin implizit enthaltene Grundannahme, dass es möglich sei, "im falschen Körper" geboren zu sein bzw. eine vom Körper losgelöste "Geschlechtsidentät" zu besitzen, steht im Widerspruch zu dem körper- und realitätsbasierten Verständnis von Geschlecht, welches die Grundlage für eine Verteidigung der Rechte von Frauen und Mädchen darstellt.
Die öffentliche Anhörung zu den Gesetzentwürfen zur "Selbsterklärung" von Geschlecht fand am 2. November 2020 statt. Sie finden hier die Video-Aufnahme davon.
Hier lesen Sie unsere Stellungnahme vom 13. Oktober 2020 zu den Gesetzentwürfen von Bündnis 90/Die Grünen zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes (19/19755) sowie der FDP „zur Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung“ (19/20048).
Hier lesen Sie die Stellungnahme des Lesbischen Aktionszentrums (LAZ reloaded), Unterzeichnerin der Women's Declaration, zu diesen Gesetzentwürfen.
Update: 20. Mai 2021 - Gestern wurden die Gesetzentwürfe für ein deutsches Self-ID abgelehnt. Damit wurde ein wichtiges Signal gesetzt, auch für Frauen in anderen Ländern, auf die solche Entscheidungen einen Ausstrahlungseffekt haben. Die parlamentarische Debatte und das Abstimmungsergebnis können Sie hier einsehen.
Sheila Jeffreys zum "Transsexuellengesetz" in Deutschland (11.10.2020)
Kritik am Gesetzentwurf von FDP und Grüne zur Selbsterklärung von Geschlecht (13.09.2020)
Am 23.02.21 veröffentlichte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen den Antrag "Hass und Hetze gegen LSBTI wirksam bekämpfen" (19/26886). Am Tag darauf gab es bereits die erste Lesung dazu, die Sie hier sehen können. Unsere Stelllungnahme zu diesem Antrag finden Sie hier.
Lesen Sie hier unsere Stellungnahme vom 03. März 2021 zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen über ein Gesetz zu "LGBTI-Hasskriminalität" (19/26886).
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